Interview mit Jens-Uwe Krause

Dieses sehr interessante Interview wurde am 23.11.2000 im Rahmen einer Projektwoche von Schülern des Schulzentrums an der Alwin-Lonke-Straße geführt. Es sollte eine Radiosendung produziert werden, als Thema wurde die Nullnummer ausgesucht, und dann JUK eingeladen. Diese Sendung wurde dann auch ins Internet gestellt, wo wir sie dann durch Zufall gefunden haben. Leider waren auf der Seite, die es mittlerweile nicht mehr gibt, keinerlei Kontaktadressen angegeben, nicht einmal die vollständigen Namen der Leute, die die Sendung produziert haben. Falls jemand von denen diese Seite hier findet, meldet euch bitte bei uns, falls ihr mit der Veröffentlichung hier nicht einverstanden seid.

 

Warum bist du hier bei uns im Studio von Radio46?

JUKWeil ich mir etwas geschworen habe, ich hab, als ich noch zur Schule gegangen bin, Schülerzeitung gemacht, wie ihr vielleicht auch? Menschen die in den Medien arbeiten wollen machen das ja zu Schulzeiten. Und wir haben dann auch sehr viele Prominente oder Pseudo-Prominente interviewt, und ich fand das immer großartig, wenn die sich so für Schülerzeitungen Zeit genommen haben. Weil ich immer dachte, so Leute wie Gottschalk, oder Mike Krüger, die wir damals interviewt haben, die müssen eigentlich nicht mehr für Schülerzeitungen Interviews geben. Was haben die davon, davon erscheinen 300 Exemplare... Und da hab ich aber damals irgendwie gedacht, wenn ich irgendwann mal auch nur annähernd sowas bin wie ein Prominenter, auch wirklich nur am Rande der Prominenz, und dann irgendwelche Leute, die das aus Spaß oder amateurhaft betreiben, von mir was hören wollen (was mir damals absurd erschien, so als pickeliger Achtklässler), aber ich dachte, wenn es denn mal passiert, dann will ich das auf jeden Fall auch machen, ganz egal was da kommt.

Wenn ihr die Sketche gesendet habt, haben sich da Leute verletzt gefühlt?

Also, es war so, wir haben das ja drei Jahre gemacht, und waren sehr oft sehr enttäuscht daß nie was kam. Wir haben immer gedacht, vielleicht passiert irgendwann mal ein Mega-Skandal und dann ist ganz groß was los. Es passierte dann so zwei, drei mal was. Einmal haben wir nen Witz über Rentner gemacht, so einen ganz abgedroschenen Kalauer, "Was ist 20 Meter lang und riecht nach Urin?", dann war's ne Polonaise im Altenheim. Ganz böser Witz, nicht drüber lachen jetzt, ihr lieben, sonst macht ihr euch strafbar. Da beklagte sich dann sehr schnell jemand, da wurde dann auch ein Anwalt auf den Plan gerufen, und da mußten wir uns dann irgendwie auch da rechtfertigen und entschuldigen und so. Sonst kam verhältnismäßig wenig, und das hat uns ein bißchen verblüfft, weil wir schon fanden, daß wir streckenweise auch wirklich sehr derb waren, und auch sehr frech. Später dann, als die Sendung längst nicht mehr lief, war ich irgendwann mal bei meinem obersten Chef, und der zeigte mir dann mal einen Ordner mit Beschwerden und Klageschriften, und der hat das alles, und das rechne ich ihm bis heute hoch an, von uns ferngehalten. Also, der ist nicht jedes Mal zu uns runtergelaufen, aus seinem Elfenbeinturm, und sagte "Mack, Krause, da schon wieder ne Anwaltsanfrage", sondern der hat gesagt, lass die machen, die machen ne satirische Comedy-Sendung, die dürfen verletzen. Das ist nunmal auch Sinn und Zweck von einer Comedy, daß du auch auf Leuten rumhackst. Und der hat uns da, was ich ihm, wie gesagt, sehr hoch anrechne, einfach machen lassen. Und ich war sehr überrascht, amüsiert und auch ein bißchen entsetzt, als ich diesen Ordner plötzlich gesehen habe, ein richtig dicker Ordner, mit Leuten, die sich beschwerten, die drohten, man solle uns Kündigen, und, ich glaube die Todesstrafe wurde auch gefordert, das eine oder andere Mal. Also, es war schon so, daß die Leute sehr massiv drauf reagiert haben, was wir während der Sendung immer nicht wussten.

Dann gibt es noch eine Geschichte, wir wurden mal von der NordWest-Zeitung Oldenburg gebeten, ne wöchentliche Kolumne zu schreiben. Die haben so eine Jugendbeilage einmal die Woche, und, ich weiß gar nicht mehr wie die hieß, da wurden wir auf jeden Fall gebeten, immer als Gisbert Geier und Hermine Plaschke 'ne Kolumne zu schreiben, und das haben wir im Wechsel auch gemacht. Und irgendwann hatte ich mal als Gisbert Geier eine geschrieben, wo es gegen Hermine Plaschke ging, Hermine Plaschke aber nicht namentlich erwähnt wurde, sondern man konnte es auch mißverstehen, als würde ich gegen Rentner (da wieder das böse Thema Renter) im allgemeinen wettern. Und da brach so eine Flut von wütenden Leserbriefen über diese NordWest-Zeitung herein, daß die uns gebeten haben, bitte diese Kolumne nicht mehr zu schreiben, wir wurden da mit einem freundlichen Händedruck verabschiedet aus dieser Arbeit. Und die schickten uns dann auch Kopien von allen Beschwerdebriefen, und das war ein Waschkorb voll von Rentern und Menschen, die sich in ihrer Menschenwürde beeinträchtigt fühlten, also, es war unglaublich, weil, es war ja auch in dieser Jugendbeilage und es war offensichtlich ja auch eine satirische Kolumne, aber daß... Wahnsinn. Also, die haben gesagt, sie haben noch niemals so viele Leserbriefe gekriegt wie nach dieser Kolumne. Da war ich dann auch bißchen stolz. Wenngleich uns dieser Job, der sehr lukrativ war, damit flöten gegagen ist.

Wie bist du an Radio Bremen rangekommen?

JUK's Bewerbungsfoto
JUK's Bewerbungsfoto
Also, es hat angefangen bei Antenne in Hannover, da habe ich mich mal für ein Praktikum beworben und hab denen aber auch so 'ne Bewerbung geschickt, wo die eigentlich hätten sagen müssen, das ist der letzte, den wir hier haben wollen, weil ich hatte studiert, ein Semester, und hab gemerkt, Scheiße, da verdienst du ja kein Geld, beim Studieren, also mußt du irgendwas machen, dann hab ich gedacht, hm, Radio will ich später sowieso machen, versuch ichs mal bei Antenne. Ich hab damals noch in Hannover gewohnt. Und hab dann auf meinem ersten Computer, ich glaub das war noch so'n Atari mit 9-Nadel-Drucker, also ein Drecksgerät, schnell so 'ne Bewerbung hingeschmiert, hab ein Foto von mir beigelegt, wo ich gerade in einen Big Mac beiße, also alles andere als eine typische Bewerbung, und dann haben die sich wohl gedacht, das haben die mir später erzählt bei Antenne, wer so eine unverschämte Bewerbung abschickt, den wollen wir kennenlernen. Und dann haben die mich eingeladen und haben gesagt, gut, versuchs, mach hier Praktikum. Dann hab ich irgendwann erfahren, daß ich für alles, was ich da in diesem Praktikum mache, Geld kriege. Normalerweise ist es ja so, wenn du Praktikum machst, geben sie dir irgendwie ne Tasse Kaffee und mal nen feuchten Händedruck, bei Antenne war es aber so, es wurde jeder einzelne Beitrag und jede Umfrage, und alles was ich gemacht habe, bezahlt. Dann habe ich natürlich gearbeitet wie ein Arschloch. Ich hab da 24 Stunden geknüppelt, ich dachte, so viel Geld kriegst du nie mehr. Und dann kam irgendwann der Chef von Antenne zu mir und sagte "Hm, das käme uns bißchen billiger, wenn du hier fest anfangen würdest." Da hab ich gesagt "OK, also, wenn das so ist..." Dann hab ich da ne Ausbildung gekriegt. Und nach drei Jahren Antenne, ich mein, ihr kennt das Programm von Antenne, dann ist auch mal gut. Und dann hab ich einen Kollegen, der früher bei Antenne war und zu Radio Bremen 4 gewechselt ist, mal angerufen, gefragt, "ist da nicht vielleicht auch für mich was?". Und dann sagte der "Ja, komm her", und dann bin ich da nachgegangen... Und jetzt werden die mich nie mehr los.

Also du willst auch nichts anderes? So wie es im Moment läuft, kannst du dir nichts anderes vorstellen?

Ich wüsste, ganz im Ernst, keinen einzigen Sender in Deutschland, und ich höre mir viele Sender an, wenn ich rumfahre, ich bin jetzt gerade erst wieder 14 Tage durch Deutschland bißchen gefahren, ich wüsste nicht, was ich da soll. Also, die sagen ja alle wirklich, und zwar alle, egal in welchem Bundesland du Radio einschaltest, hörst du nur, daß einer sagt "Wir spielen die Superhits der 80er und 90er und das Beste von heute", "Wir haben den schnellsten Verkehrsservice", "Bei uns sind Sie 5 Minuten früher informiert", "Und jetzt wieder 4000 Superhits am Stück". Was soll ich da? Also, ehe ich das mache, weiß ich nicht, dann fang ich hier lieber an. Ist hier noch was zu kriegen? Kann ich hier noch was machen? Nein, noch geht's ja bei Bremen 4. Wir sagen zwar auch "Wir spielen das Beste aus Rock, Pop und Dance von den 80ern bis morgen", aber wir sagen es nicht nur. Es ist ja schon so, daß wir auch noch ein paar andere Sachen sagen.

Wie ist die Nullnummer überhaupt entstanden?

Peter Mack und Jens-Uwe KrauseEigentlich ist es zurückzuführen auf meine Faulheit und die Faulheit von Peter Mack, mit dem ich das ja zusammen gemacht habe. Weil, wir haben bei Radio Bremen angefangen, ganz normal als Reporter, und als Reporter muß man ja immer rausgehen. Da kriegt man immer so ein Aufnahmegerät und ein Mikrofon in die Hand, und dann muß man immer rumfahren und Leute befragen, und da waren wir schlicht und ergreifend zu faul, deswegen haben wir uns überlegt, was können wir denn machen, daß wir nicht mehr rausmüssen auf die Straße, nicht mehr mit Leuten reden müssen. Die riechen ja dann auch oft streng, so Menschen auf der Straße. Und da haben wir angefangen, Sketche zu schreiben, und da haben wir dann halt alle Rollen immer selber gesprochen, das war dann sehr einfach. Und das war dann plötzlich so erfolgreich, daß es hieß, hey, wenn ihr schon so ein Talent habt für lustige Sachen, dann macht doch ne ganze Sendung, und so entstand das dann.

Ihr wart die Erfinder?

Ja. In der Tat. Wir können es auf keinen anderen abwälzen. Wir sind schuld.

Gab es irgendwelche Vorbilder für die Sendung? Vielleicht auch orientiert am Frühstyxradio?

Was damals natürlich im Radio ganz groß war an Comedy-Sendung war das Frühstyxradio von ffn. Die haben natürlich Mittel und Wege gehabt, da Comedy zu produzieren, das ist bis heute glaube ich einzigartig, die hatten ein eigenes Studio, die hatten eigene Techniker, und die waren auch sehr, sehr, sehr kreativ, waren glaube ich zu sechst am Anfang, und natürlich haben wir das damals auch gehört und fanden das auch klasse. Und wir haben dann natürlich, als wir angefangen haben so mit den Nullnummer-Sachen, aufgehört, Frühstyxradio zu hören, weil dann die Gefahr ja immer sehr groß ist, daß man vielleicht was klaut oder kopiert. Und das wollten wir natürlich nicht, deswegen haben wir aufgehört, das zu hören, haben aber, im Prinzip, sehr ähnlich wie die gearbeitet. Die Sendungen waren eigentlich relativ ähnlich, nur waren unsere Figuren im Schnitt alle noch etwas geisteskranker als die von ffn.

[Umfrage zum Thema Nullnummer]

Wie ist deine Reaktion so?

Ich finde das erstaunlich, daß die Leute immer noch wirklich das auch so präsent haben, ich mein, wie lang ist die Sendung abgesetzt, ich muß selber überlegen, doch locker schon 3 Jahre. Das ist erstaunlich, daß die Leute das immer noch kennen, und es ist noch erstaunlicher, daß auch viele Leute diese Figuren kennen, die die Sendung offensichtlich aber auch nie gehört haben. Also, diese Bekanntheit von Gisbert Geier und Hermine Plaschke ist in Bremen so groß, was mich immer wieder selber verblüfft. Ich finde das klasse, daß die Leute da heute noch drüber reden und einige ja auch sagen "Schade, daß es das nicht mehr gibt", aber ich versteh auch die, die sagen "Gott sei dank hat dieser Scheiß ein Ende gefunden". Versteh ich genauso gut.

Also, damit ist auch die Frage beantwortet, die Sendung wird nicht mehr wiederkommen?

Im Leben nicht. Also, es gibt ganz viele Leute, die da nachfragen, aber, ganz ganz sicher, also man soll ja nie nie sagen, aber da bin ich 100%ig sicher. Weil, erstens ist Peter Mack nicht mehr bei Radio Bremen, sondern längst schon bei einem anderen Sender. Schon deswegen ginge es nicht, mit jemand anderem würde ich das niemals machen können, weil man muß, wenn man so eine Sendung macht, sehr gut aufeinander eingespielt sein und auch privat sehr gut befreundet sein, und das sind wir. Deswegen geht es nicht, weil er nicht mehr bei Radio Bremen ist, und auch weil wir einfach mit diesen Figuren alles gemacht haben, was möglich ist. Also, ich wüsste keine einzige Idee mehr, die wir nicht schon verwirklicht haben. Es würde keinen Sinn machen, das einfach wieder aus der Schublade zu kramen, nur weil man sagt, hey, wir hatten doch da noch diese lustigen Figuren. Das wirds nicht geben.

Wie lange gab es insgesamt die Nullnummer?

Drei Jahre, ziemlich genau.

Drei Jahre, und dann war Schicht, dann wurde gesagt...

Also, das war dann einfach so, Peter und ich, wir haben das ja wie gesagt nur zu zweit gemacht, und wir haben uns immer gesagt, wir machen das so lange, wie wir wirklich richtig Spaß daran haben. Und es war lange lange Zeit auch so, daß wir beim Schreiben und auch beim Produzieren der einzelnen Sketche, was ja sehr sehr lange gedauert hat, sehr viel lachen mussten. Also, wir haben das getrennt voneinander geschrieben, jeder saß bei sich zu Hause und hat dann einen Gisbert Geier-Sketch "Starreporter unterwegs" geschrieben, oder irgendwie ein Verblüffendes Phänomen, oder irgendeinen Sketch mit Waldemar Zwickel. Und dann haben wir uns zusammen getroffen, bei Radio Bremen 4, und haben so nebeneinander gesessen, vorm Mikrofon, die Manuskripte so vor uns, und haben dann diese Sketche gespielt. Und es war sehr sehr oft so, daß wir einfach abbrechen mussten, weil wir selber lachen mussten, weil viel improvisiert wurde, weil ich ihn dann zum Beispiel mit irgendeinem kleinen Gag, der gar nicht vorgesehen war, aus dem Konzept gebracht habe. Und so haben wir lange lange Zeit sehr viel Spaß damit gehabt, und irgendwann haben wir dann aber gemerkt, für uns lässt der Spaß ein bißchen nach, also es ist irgendwie plötzlich mehr Arbeit als Spaß. Also mal so zum vorstellen, ganz am Anfang für einen "Starreporter unterwegs", saß ich am Computer, hab ich vielleicht eine Stunde dran geschrieben, und am Ende waren es fünf Stunden. Also, es wurde immer schwieriger, weil man ja doch diesen Anspruch hatte, diese drei Witze, die man hat, irgendwie doch wieder neu umzudrehen und nochmal neu auszuarbeiten. Aber es wurde immer schwieriger, es wurde immer anstrengender, und dann haben wir irgendwann beschlossen, lass uns damit aufhören, bevor die Leute auch merken, hoppla, da ist bißchen der Spaß flötengegangen.

Ja, ich denke auch, irgendwann sind die Leute damit gesättigt, sie haben keine Lust mehr dazu.

Absolut. Und so haben wir dann zu einem Zeitpunkt aufgehört, wo viele noch gesagt haben und bis heute noch sagen "Schade", und das ist uns allemal lieber, als wenn die Leute irgendwann von selbst gekommen wären und gesagt hätten "Wisst ihr was, jetzt lasst mal, macht mal Schluß, es ist auch mal gut."

Gibt es Gisbert und Hermine irgendwann nochmal auf der Bühne zu sehen?

Ich glaube nicht mehr. Wir haben ja trotzdem die Nullnummer zu Ende war noch viele Auftritte gemacht. Weil wir einfach sehr sehr viel Spaß daran hatten, mit diesen Sachen, die wir uns da über die Jahre erarbeitet haben, an Musiktiteln, auf die Bühne zu gehen, nur irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht gewesen, wo wir gemerkt haben, jetzt wird's langsam auch unverschämt, weil wir haben ja ein Programm gehabt ungefähr. Das beinhaltete dann so zehn Titel und paar Sketche zwischendurch, aber wir haben dann irgendwann gedacht, entweder wir denken uns jetzt was neues aus für die Leute, die zu diesen Konzerten kommen, oder wir lassen es. Und da wir aber beide wie gesagt keine Ideen mehr haben für diese Figuren, haben wir dann gesagt, dann lassen wir es, weil wir sehr wohl mitgekriegt haben, daß so ganz viele Nullnummer-Fans zu jedem Auftritt gekommen sind. Und uns war das dann am Ende auch ein bißchen peinlich, daß die jetzt zum 15. Mal das selbe Programm gesehen haben. Und da haben wir gedacht, ne, komm, irgendwann ist es unverschämt, da noch Geld für zu nehmen, daß du schon wieder auf der Bühne stehst und schon wieder "Hallo Schnitten" singst, und "Schnittenkönig" und "PIM PIM PIM", und die gleichen Witze reißt, und dann haben wir jetzt beschlossen, auch nicht mehr aufzutreten. Wobei ich da sagen muß, vereinzelt kann das immer nochmal passieren, also wenn jetzt irgendwelche großen Bremen 4-Partys sind, oder Silvester, kann es schon nochmal passieren, daß wir vielleicht für eine Viertelstunde auf die Bühne gehen, aber mit neuen Sachen jetzt auch nicht mehr.

Ihr hattet ja auch mehrere Auftritte auf großen Veranstaltungen. Wie denkst du daran zurück?

Gisbert auf der BühneDas war überhaupt wirklich das größte Wunder was wir je erlebt haben, weil wenn du in deinem Studio sitzt, das wirklich sehr sehr klein ist, und da was produzierst, und dann sendest du das, da kriegst du ja die Reaktionen nicht so richtig mit. Also du merkst zwar sehrwohl an Briefen und Faxen und so, daß die Leute das irgendwie gut finden, aber wenn du dann plötzlich vor bis zu 8000 Leuten da auf der Bühne stehst, und merkst, daß die alle wirklich mitsingen bei "PIM PIM PIM", und du stehst da auf der Bühne und denkst, dieses bescheuerte Lied, was in deinem geisteskranken Hirn irgendwann mal erfunden wurde, wird plötzlich von 8000 Leuten laut mitgesungen, oder "Schnittenkönig" oder was, dann stehst du da einfach auf der Bühne und denkst "Geil! Das ist richtig geil!", also, es gab da Momente, daß ich wirklich da oben fast heulen musste vor Glück, ganz im Ernst. Die Leute stehen dir glücklich gegenüber und freuen sich, daß sie diesen Scheiß singen dürfen, das ist dann einfach sehr sehr gut.

Hast du dich in die Figuren richtig reingelebt, mit ihnen identifiziert?

Ja. Auf jeden Fall. Also, es war ein bißchen so, damals durfte ich durch die Figur Gisbert Geier zum Beispiel Sachen machen, die ich als Jens-Uwe Krause nicht hätte machen dürfen. Also, wenn ich als Gisbert Geier zu einem gesagt habe "Du bist ne alte Hackfresse!", dann hat der sich im Zweifelsfall noch drüber gefreut, wenn ich das aber als Jens-Uwe Krause gesagt hätte, dann hätte der vermutlich einen Anwalt gerufen und gesagt, so, dem Idioten müssen wir jetzt das Handwerk legen. Inzwischen ist es aber so, glücklicherweise, daß ich all die Sachen, die ich als Gisbert Geier machen konnte, jetzt auch bei Radio Bremen 4 als Jens-Uwe Krause machen kann, also inzwischen hab ich mir da eine Rolle erarbeitet, wo ich dann auch tatsächlich als Jens-Uwe Krause zu den Leute sagen kann "Ey du alte Hackfresse!" und dann freuen sie sich auch. Also, ich brauchte Gisbert Geier ein bißchen, um dort hinzukommen, wo ich heute bin.

Ach so, ja, Der Dicke und der Dünne, das baut vielleicht auch ein bißchen darauf auf, oder?

Der Dicke & der DünneAlso, es ist natürlich was völlig anderes. Der Dicke und der Dünne darf man jetzt überhaupt nicht mit einer Comedy-Sendung vergleichen, nur ist es das, daß ich in dieser Sendung in der Tat ein bißchen so sein kann, wie früher nur als Gisbert Geier in der Nullnummer. Also, ich kann zu den Leuten unverschämt sein, ich kann relativ frech zu denen sein. Das ist der große Vorteil dieser Sendung bei Bremen 4 morgens, daß Axel und ich da wirklich ganz wir selbst sein können. Wenn du heutzutage bißchen Radio hörst, morgens oder auch den ganzen Tag über bei anderen Sendern, dann wirst du ganz schnell mitkriegen, die verstellen sich irgendwie. Ich finde, man hört sehr deutlich, daß die nicht sie selbst sind am Mikrofon. Und bei Axel und mir ist es glaube ich wirklich so, daß wir privat nicht anders reden als am Mikrofon, und das darfst du bei vielen Radiosendern nicht mehr. Bei Radio Bremen 4 sagen sei, komm, die beiden haben irgendwie, jeder auf seine Art, einen Knall, das sollen die Leute ruhig wissen. Und daß wir das ausleben dürfen, ist auch glaube ich ein bißchen der Erfolg. Also, wenn ich vorhin gesagt habe, das ist eine Rolle, der Dünne, stimmt es eigentlich nicht, ich würde sogar sagen, daß ich als der Dünne morgens am Mikrofon nahezu 100%ig ich selbst auch bin, also das bin so ich wie ich bin. Bißchen aufgedrehter vielleicht und bißchen mehr unter Drogen gesetzt, weil man morgens ja eigentlich nicht so wach schon ist, aber dafür zieht sich dann die Servicefee mal nackt für mich aus, und dann bin ich auch gut drauf. Manchmal zieht sich auch der Dicke für mich aus, das ist nicht so schön.

Das ist auch so vermarktet worden. Also, in Zeitschriften hab ich euch beiden im Pyjama gesehen, ihr beide als Personen, ohne irgendwie ein bestimmtes Schema wie Gisbert Geier oder Hermine Plaschke.

Ja. Es gab irgendwann mal 'ne Umfrage, im Radio wird ja sehr viel umgefragt und nachgefragt, was hat Erfolg und was ist nicht so erfolgreich, und da gab es auch mal eine Umfrage, wer bei Bremen 4 so die beliebtesten Moderatoren sind, und da war zu unserer großen Freude und zu meiner wirklich großen Überraschung mein Name relativ weit oben, und Axels Name ganz oben, und da wurde dann einfach von den Verantwortlichen gesagt, guck mal, wenn die beiden offensichtlich aus irgendwelchen Gründen, die wir nicht nachvollziehen können, so beliebt sind, dann sollen die halt zur besten Sendezeit, und das ist im Radio zur Zeit der Morgen, eine Sendung machen.

Hinzu kommt ja auch noch, daß du auch noch Gefühlsecht machst.

Ja. Gefühlsecht und T-Time auch noch. All das was Spaß macht. Und wo es irgendwie mit nackten Frauen zu tun hat. Da bin ich dann auch zu Hause.

Stimmt, das gab es ja auch im Internet, mit T-Seven...

JUK nackt im StudioJa. Das hat uns ja auch nie einer geglaubt, es gab eine Sendung in der T-Time, da haben wir in der Tat nackt moderiert. Die Leute denken ja dann immer ganz schnell, naja, Radio, die können uns viel erzählen, aber ich schwöre, so wahr ich jetzt hier sitze, wir haben nackt gegenübergesessen. Aber ich kann auch allen, die das jetzt hören, sagen, so dolle war jetzt der Anblick nicht. Weder für sie noch für mich. Also, es war so, hm, naja, ein höfliches Beieinandersitzen.

Wie ist es dazu gekommen, daß du Ehrenbürger von Niens geworden bist?

Ehrenbürger von NiensDas war eigentlich auch wieder so eine Sache, die sehr spontan entstanden ist, ich hab irgendwann morgens eine Moderation gemacht über das Entenrennen in Achim, und habe dann einfach so, weil mir nie vorher überlege, was ich sage, mittendrin gesagt, ach, und selbst wenn euch das Entenrennen nicht gefällt, fahrt trotzdem nach Achim, die Stadt ist so schön, da wäre ich am liebsten Ehrenbürger. So, und dann war die Moderation für mich gegessen, und ich dachte, so, nächstes Thema. Dann rief am selben Tag aber der Achimer Kurier an, und die fragten nach "Haben Sie das ernst gemeint? Wollen Sie wirklich Ehrenbürger von Achim werden?", und dann dachte ich, wenn die Zeitung schon bei mir anruft, "Jaa, ja, das hab ich ernst gemeint". Und dann entwickelte da plötzlich dieser Achimer Kurier da eine Presse-Kampagne zu diesem Thema, das fand ich großartig. Dann haben wir den Bürgermeister von Achim auch eingeladen, den Herrn Rippich, der war dann eine Stunde bei mir im Studio, wollte aber partout nicht, daß ich Ehrenbürger werde. Der meinte, nee, also, Ehrenbürger, das müsste auch ein Ehrenmann sein, und das fand er irgendwie nicht, daß ich das bin, dann habe ich gesagt, gut, wenn Achim mich nicht will, dann, liebe Hörerinnen und Hörer, wer will mich? Ich geh jetzt überall hin, ist mir scheißegal. Und dann rief Niens an, haben gesagt, ok, bei uns kannst du Ehrenbürger werden. Da hab ich mich schon gefreut, dachte, geil, Niens... Hab dann aber auf der Karte eine Stunde suchen müssen, ich hab keine einzige Karte gehabt, wo Niens verzeichnet war. Hab ich dann nochmal angerufen, und gefragt "Dieses Niens, wieviel Einwohner hat das eigentlich?" Und dann sagten die mir, ja, 32. Da dacht ich aber, 32, respekt. Aber das fand ich dann irgendwie auch gut. 32 Einwohner, ich der Ehrenbürger, und so passierte es dann. Und dann haben wir einen Song dazu geschrieben, Niens zu Ehren, und T-Shirts gemacht, und eine riesengroße Party in Niens, und das war ein großer Spaß.

Gibt es irgendwelche neuen Projekte, die jetzt in Planung sind?

Nö. Wie ich aber auch nie was geplant habe. Also, die Nullnummer entstand tatsächlich eher zufällig, Der Dicke und der Dünne, das wurde an mich herangetragen, da hieß es, möchtest du nicht jetzt ein bißchen mehr morgens moderieren, Gefühlsecht wurde auch zufällig an mich herangetragen, das hat ja früher Marcus Rudolph moderiert, und als der dann den Sender verlassen hat, hat er gesagt, willst du das nicht machen. Also, ich plane sowas auch nicht. Ich hab gesehen, daß die Sachen so irgendwie auf mich zukommen. Also, ich sitze da nicht zu Hause und überlege, was kannst als nächstes machen. Das entsteht alles sehr sehr sehr spontan.

Ich finde, du bist tierisch oft im Radio, das ist doch total körperlich anstrengend, oder?

Überhaupt nicht. Also der Trick ist ja ganz einfach der, wenn du du selbst bist, also wenn du keine Rolle spielst, sondern wirklich nur du selbst bist, ist es ja nicht anstrengend. Ich glaube es ist sehr wohl anstrengend, wenn du irgendwie so einen Imageberater hättest, und der dann sagt, Krause, sei so, und vorsicht... , aber wenn du ganz normal du selbst bist, also ich setze mich da hin und verstell mich ja nicht... Das einzig antrengende ist wirklich die Uhrzeit, so morgens um 5 Uhr aufstehen macht mir keinen Spaß, weil ich gerne bis 12 schlafe, oder bis 13 Uhr wenns sein kann, aber das ist das einzig anstrengende, ansonsten, wie gesagt, ich sitze ja bequem, ich haben einen sehr bequemen Stuhl, ich habe einen sehr schönen Kopfhörer auf und rede einfach nur. Also ich empfinde das nicht als Arbeit, ich könnte das auch 24 Stunden am Tag machen, nur dann würden natürlich die ersten irgendwann sagen "Jetzt ists aber auch mal gut, jetzt leg dich auch mal wieder schlafen Krause". Aber es ist keine Arbeit in dem Sinne.

Also dein Hobby ist auch dein Beruf?

So albern und abgedroschen das klingt, aber es ist so, Hobby zum Beruf gemacht. Also, ich hab das früher, ich weiß nicht, wie das bei euch ist, ich hab das früher, als ich noch nicht beim Radio war, mit Freunden gespielt, als ich noch zur Schule gegangen bin. Da haben wir uns gegenseitig kleine Radiosendungen mit Cassettenrecorder produziert, ich mach nichts anderes jetzt, nur jetzt krieg ich gutes Geld dafür. Also, soll mir recht sein.

Schlußwort

Ich sage einfach, höflich wie ich bin, auf wiederhören, hoffe es war ganz interessant so, oder um es mit Gisbert Geier zu sagen "Jetzt macht euer Scheiß Radio aus, und geht bißchen zu den Schnitten, pim pim machen, das ist besser als Radio hören" - "Danke, Herr Geier" - "Bitte, Herr Krause"


Quellen:
JUK-Foto ganz oben:
alte RB4 Autogrammkarte (bis 1999)
JUK's Bewerbungsfoto:
PRINZ Bremen 3/2001
Peter Mack und JUK:
alte Nullnummer-Homepage
Der Dicke und der Dünne:
alte RB4 Autogrammkarte (1999 - 2001)
JUK nackt:
RB4 Webcam, 13.07.1999
Ehrenbürger von Niens:
alte RB4-Homepage (UniVIERsum)