Deutschmacher-Interview

Ein ausführliches Interview mit den Original Deutschmachern, das am 20.11.1997 in der Schülerzeitung Kaktus (Lothar-Meyer-Gymnasium Varel) veröffentlicht wurde. Die Originalversion gibt es unter http://www2.kaktuslmg.de/neu/ausgaben/13/deutsch.html.

 

„Meistens können die Leute in den ersten Reihen die Texte sowieso besser als wir!"

Zweieinhalb Stunden vor Beginn des Auftritts der „Original Deutschmacher" erscheinen wir an der Bühne Schloßstraße auf dem Stadtfest. Ein RADIO-BREMEN-4 Wagen steht schon hier und ein paar Leute bauen eine Bühne auf. Wir erkundigen uns nach Arnie & Bert. „Müßt Ihr mal da drüben gucken", erhalten wir als Antwort, verbunden mit Handzeichen auf ein Café, daß in dieser Zeitschrift keine Werbung macht und deshalb auch nicht genannt wird. Innen sitzen Arnie & Bert. Bald müssen wir feststellen, daß unser Diktiergerät den Geist aufgegeben hat. Als wir aus Verzweiflung bei der NWZ um Hilfe bitten, leiht uns dankenswerterweise Hans Begerow spontan sein eigenes. (Danke!) Es ergibt sich ein amüsantes Gespräch, welches nach dem Konzert in der Eisdiele fortgesetzt wird, die wir nur getrennt, indem wir alle einzeln in größeren Abständen hintereinander herlaufen, erreichen können (Bert:„Damit wir nicht erkannt werden und noch Autogramme geben müssen!").
In dem Gespräch ging es um die Liedproduktion, den Warnhinweis vor "Bumm, Bumm, Bumm", das Lampenfieber, über ihr persönliches Verhältnis zueinander, Autogramme und Klamotten.

KAKTUS: „Nach welchen Kriterien entscheidet Ihr, welche Lieder Ihr übersetzt?"
Arnie & Bert: „Das Problem ist, daß für eine Übersetzung einiges zusammenkommen muß. Wir können die Musik ja nicht selber machen, das heißt, daß wir eine Instrumentalversion bekommen müssen, auf die wir selber draufsingen können. Es gibt zum Beispiel einige Titel, die hätten wir gerne gemacht, von denen aber auf Teufel komm raus keine Instrumentalsingle zu bekommen war. Es ist so, daß man mit vielen Titeln ankommt, überlegt, welcher ist der witzigste, und den macht man dann halt. Früher haben wir viel mehr alte Sachen gemacht, mittlerweile versuchen wir eigentlich immer die Charts möglichst schnell abzudecken. Das liegt auch daran, daß diese im Moment so viel hergeben. Was im Technobereich angesagt ist, ist vom Text her so doof, daß man es auf deutsch gut witzig machen kann: ‘Willy, nimm 'nen Billy’; ‘Bumm, bumm, bumm’

KAKTUS: „Gab es dabei schon mal Probleme mit Verkaufsrechten?"
Arnie & Bert: „Solange es im Radio läuft, ist es Satire. Aber sobald du es verkaufst, mußt du dir Gedanken machen, deshalb hat es auch bis zu unserer ersten CD so lange gedauert. Die Situation, Titel einfach 1:1 zu übersetzen, gab es vorher noch nicht. Es handelt sich dabei dann nämlich nicht direkt um eine Coverversion. Es gibt zum Beispiel Musiker, die nehmen eine Version mit eigenem Text auf. Bei uns ist es aber kein ganz eigener Text, aber es handelt sich dabei auch nicht mehr um das Original. Darum war anfangs die rechtliche Situation etwas unklar. Wenn wir die Sachen auf CD veröffentlichen wollten, mußten wir vorher den Verlagen der Originalinterpreten erklären, was wir überhaupt machen. Es ist aber für einen Engländer nicht mehr witzig, wenn man einen Titel von uns zurückübersetzen muß, damit er es verstehen kann. Grundsätzlich stellen Leute wie Prince, die Beatles oder Michael Jackson ein Problem dar, weil die es einfach nicht nötig haben. Ein Glück für uns war die erste CD, die sich mit unseren fünf Titeln so gut verkauft hat, daß sich die Musikverlage für uns interessierten, so daß wir jetzt einfacher an die Rechte kommen."

Die Original DeutschmacherKAKTUS: „Habt Ihr irgendwelche persönlichen Lieblingslieder oder Titel, die ihr absolut nicht mehr hören könnt?"
Arnie & Bert: „Ja, es gibt zum Beispiel das Lied ‘Ich kann nicht tanzen’ von Genesis. Das fanden wir eigentlich beide immer klasse und haben es gerne gesungen. Irgendwann kann man den Titel dann aber einfach nicht mehr hören. Wir nehmen auch immer wieder neue Stücke ins Programm auf. Damit sind die Stücke, die wir auf der Bühne singen, meistens die relativ frischen, die dann auch Spaß machen. Seltsamerweise können wir vorher nie absehen, wie ein Stück klingt, wenn es fertig ist. Manchmal machen wir sehr aufwendige Stücke, denken, daß es total toll klingen müßte, und es klingt nachher so scheußlich, daß wir es nicht senden mögen. Manchmal ist es aber umgekehrt - wir sind selber sehr skeptisch und nachher überrascht, wie witzig es geworden ist."
Bert: „Bei ‘Kille mich zärtlich’ war es zum Beispiel so. Irgendwann hatte Arnie die Idee („Laß’ uns das doch mal machen") und auf der CD war schon die komplette Instrumentalversion drauf, da brauchten wir also..."
Arnie (hält sich das Diktiergerät direkt vor den Mund): „Arnie hatte die Idee!"
Bert: „Da brauchten wir also..."
(Arnie nimmt sich wieder das Diktiergerät): „Bert hat aber gesungen!"
Bert: „Da brauchten wir also nichts mehr dran zu schneiden. Und wir haben uns hingesetzt und es gesungen. Das klang dann am Anfang so schrecklich, daß wir versucht haben, die zweite Stimme zu finden, so daß wir am Ende so lange dran gearbeitet haben, daß es uns tierischen Spaß gemacht hat. Wir haben uns tierisch dabei beömelt und hatten Bauchschmerzen vor Lachen!"

KAKTUS: „Das war beim Warnhinweis auf Eurer CD vor dem Lied ‘Bumm, Bumm, Bumm’ sicher auch so!?!" (Anm. d. Red.: Hierbei handelt es sich um eine Warnung vor einem Lied, daß dessen Text nicht „jugendfrei" ist!)
Arnie & Bert: „Der Warnhinweis war in Wirklichkeit ¼ Stunde lang. Solange brauchten wir, bis wir vor Lachen wieder einigermaßen sprechen konnten. Sowas passiert uns immer, wenn wir im Studio sind. Es gibt immer eine Phase, wo irgendwann nichts mehr geht. Das merkwürdige... das eigentliche Problem ist ja, daß wir uns eigentlich immer total viel Mühe beim Singen geben; es ist ja nicht so, daß wir absichtlich schlecht singen, wir können es nur wirklich nicht besser!"

KAKTUS: „Habt Ihr früher mal in einer Band selber Musik gemacht?"
Bert: „Nee, ..."
Arnie: „AHHHHHHHH!"
Bert: „Arnie kann schlecht singen, ich versuch immer nur so zu klingen, als ob ich nicht singen könnte, dabei könnte Die Original Deutschmacherich viel besser singen."
Arnie: „Er hat mal Musik studiert, das ist das peinliche daran..."

KAKTUS: „Also kann Bert besser singen?!"
Bert: „Eigentlich viel besser! Kannst Du das nochmal wiederholen?"

KAKTUS: „Das war ja nur ‘ne Frage!"
Arnie: „Ich gebe die Antwort: NEIN! In Wirklichkeit ist es immer so, daß ich die schwierigen Stimmen singen muß und er sich in den einfachen sonnt. Aber egal! Wir wollen hier ja keine schmutzige Wäsche waschen!"

KAKTUS: „Wie lange braucht Ihr, bis ihr einen Titel eingespielt habt?"
Bert: „Unterschiedlich! ‘Kille mich zärtlich’ war so ziemlich das Aufwendigste, was wir bislang gemacht haben, ...abgesehen von den Liedern auf der CD, weil wir zum Beispiel bei ‘Wie tief ist Deine Liebe?’ vierstimmig singen wollten. Es sind drei bis vier Stimmen geworden; ob sie ganz zusammen passen, wissen wir nicht so genau! Wenn etwas ungewohnt ist und unseren Stimmen nicht liegt, ...es gibt wenig, aber - bei Arnie gibt’s mehr - ich kann so ziemlich alles singen, aber Arnie hat da hin und wieder Schwierigkeiten!"

KAKTUS: „Seid Ihr inzwischen so bekannt, daß Ihr nicht mehr unerkannt über die Straße gehen könnt?"
Arnie & Bert: „NEIN! Wenn wir bei RADIO-BREMEN-4 Veranstaltungen irgendwo auftauchen müssen, aus dem Auto steigen und uns umziehen wollen, dann kommt es schon vor, daß so’n paar Teenies schon warten und ganz entgeistert sind! Manchmal sind wir selber ganz erstaunt; als wir zum Beispiel neulich in Verden bei einem Überraschungsauftritt in einer Schule waren, konnten sich die Schüler gar nicht vorstellen, daß wir die richtigen Deutschmacher sind und waren völlig aus dem Häuschen! Das fanden wir komisch! Ansonsten ist es zum Glück Radio, und wir sind auch auf der Bühne verkleidet, und das finden wir beide sehr gut! Wir müssen das auch nicht haben, daß man uns auf der Straße erkennt."

KAKTUS: „Wie ist die Zusammenarbeit mit Hermine Plaschke und Gisbert Geier?"
Arnie & Bert: „Toll! Super! Wir haben uns schon wegen des Spaßfaktors entschlossen, Auftritte in Zukunft nur noch zu viert zu machen. Darum wollen wir bald auch so ein BREMEN-4-Comedy-Paket schaffen."

KAKTUS: „Habt Ihr noch Lampenfieber?"
Bert: „Es gibt Situationen, wo ich überhaupt kein Lampenfieber habe und Arnie total aufgeregt ist. Es gibt aber auch Abende, wo es andersrum ist. Mir ist es vollkommen egal, ob bei einem Konzert 5, 6 oder 10tausend Leute sind, anders ist es, wenn ich zum Beispiel weiß, daß bestimmte Leute da sind, von denen ich möchte, daß sie das Konzert gut finden. Irgendwann gab es beispielsweise mal einen Abend, da haben sich ungefähr alle Bremen-4-Kollegen zusammengetan und beschlossen: „ So, jetzt kommen wir mal und gucken, was ihr da draußen so macht!" Das sind für mich so Gründe für Lampenfieber."

Arnie wird von den anderen BREMEN-4-Mitarbeitern ans Handy gerufen und telefoniert. Diese Gelegenheit nutzen wir:
KAKTUS: „Was denkt Bert über Arnie?"
Bert: „Arnie ist jemand, der nie aufhört Autogramme zu geben. Wenn wir Autogramme geben, bin ich immer derjenige, der ihn da losreißen muß, weil zum Beispiel im Auto jemand auf uns wartet. Das ist ihm vollkommen egal. Er findet es einfach klasse, da zu stehen und ein Autogramm nach dem anderen zu geben. Tatsächlich vergißt er manchmal, wenn er auf der Bühne steht und singt, daß das Ganze nicht ernst ist, sondern eigentlich nur ein Gag. Das ist nun mal eine verrückte Welt; man steht auf der Bühne, und man spielt so‘ne scheiß Plastikgitarre, und die Leute jubeln Dir zu, als würdest Du das Gitarrensolo spielen, obwohl Du das ja nicht getan hast. Also manchmal vergißt er das einfach."

Arnie wendet sich uns jetzt auch wieder zu:
KAKTUS: „Was sagt Arnie über Bert?"
Arnie: „Charakteristisch ist, daß an mir immer die Dreckarbeit hängen bleibt." (Lautes Lachen von Bert!!!) „Ich muß immer die schwierigeren Passagen singen, ich muß ihm immer alles auf ‘nem silbernen Tablett liefern vor den Auftritten: Das sind unsere Lieder für heute, das sind unsere Texte, hör da mal rein - aber meistens macht er das nicht."
Bert: „Aber ich muß immer die Wäsche waschen, weil ich im Keller mehr Platz habe, sie aufzuhängen."
Arnie: „Das stimmt überhaupt nicht!"
Bert: „Natürlich!"
Arnie: „Wir haben viele Fernsehsachen gemacht für Radio Bremen und das Honorar hat immer er gekriegt, und er hat mir nie davon was wiedergegeben."
Bert: „...und da habe ich gesagt, dann wasch ich Dir halt die Wäsche."
Arnie: „Ich glaube, das ist ein bißchen gelogen, aber egal:"
Bert: „Ne, das war so!"
Arnie: „Er ist ja ein netter Kerl, aber wir sind halt nicht perfekt. Er ist nicht Frank Sinatra, das weiß er auch. Er vergißt öfter seine Texte. Das sind eigentlich meine schönsten Momente auf der Bühne, wenn ich vorher alles beinhart Die Original Deutschmacherauswendig gelernt habe und denke, da muß von ihm doch jetzt eigentlich was kommen ... und dann kommt entweder gar nichts, er steht da und überlegt, was er singen muß, oder er wälzt sich in dem ersten Teil des Textes ‘Na na na na na na na na...’ und hofft, daß es keiner merkt. Aber natürlich merken’s alle. Meisten können die Leute in den ersten Reihen die Texte sowieso besser als wir."

KAKTUS: „Gibt es regelrechte „Fans"?"
Arnie & Bert: „Es gibt Fans, die immer dabei sind, und zwar egal wo. Die kommen immer wieder an, lassen sich Autogramme geben, machen Fotos, haben dicke Alben, wo wir immer wieder reinschreiben müssen."

KAKTUS: „Wird das nicht irgendwann nervig, wenn man immer wieder Autogramme geben muß?"
Arnie & Bert: „Es ist auf Dauer etwas anstrengend, wenn Du da durchgeschwitzt nach ‘nem Auftritt von 3.000 Leuten 2.000 ein Autogramm haben wollen, noch 1 ½ Stunden stehst. Andererseits ist es aber auch Bestätigung. Wir wollen ja nicht, daß nach uns kein Hahn mehr kräht. Das gehört da einfach zu. Es ist immer so, daß ein paar Leute fanatisch sind. Einige stehen auf Take That, andere sagen sich: ‘Nehmen wir doch die kleinen Blödel aus Bremen und nicht die großen, die sind viel netter und außerdem kommt man an die auch heran.’ Das ist das Schöne, daß sich eine richtige Fankultur entwickelt hat, Leute uns schreiben und es als das Tollste der Welt ansehen, wenn sie mit uns ein Foto machen können..., und das, obwohl wir eigentlich nichts können. Wir geben uns zwar Mühe, aber wissen von vornherein, daß wir weder richtig perfekt singen noch uns auf der Bühne gut bewegen können. Seit wir angefangen haben, gab es immer mehr Leute, die halt „doof" sein wollten und nicht perfekt: Helge Schneider, Guido Horn, Die Doofen ... Wir hatten Glück, daß in den letzten Jahren die 70er wieder total in sind ... die Klamotten, das Kitschige, wir aber einen Tick eher dran waren und eine Zeit erwischt haben, wo das gut reinpaßt."

KAKTUS: „Wo habt Ihr die Klamotten denn gefunden?"
Bert: „Die ersten Klamotten, die wir hatten, stammen aus der Garderobe von Radio Bremen. Einige Teile kommen zum Beispiel direkt aus der „Rudi-Carell-Show". In einer Jacke steht noch original „RUDI". Das sind so die glittrigen Showjacken, die man früher getragen hat und die heute keiner mehr freiwillig anziehen würde. Darüber hinaus gibt es spezielle Läden in Hamburg, in denen man Bühnenklamotten kaufen kann."
Arnie: „Aber den Laden kennt Berthold gar nicht, weil da bisher immer ich hinfahren mußte, um die Bühnengarderobe zu kaufen, ...mit dem Zug! Ich mußte schwer tragen! ...Und dann gibt es „Second-Hand-Läden", in denen wir einkaufen, wo ich zum Beispiel vor ein paar Tagen einige knatschorangefarbene Hosen zurücklegen habe lassen, die Bert nicht abgeholt hat, weil ihm nichts daran liegt!"
Bert: „Weil ich sie dann erstens hätte bezahlen müssen und er sie mir zweitens als Überraschung mitbringen wollte, und plötzlich sagtest du: ‘Ach, willst du nicht noch Hosen abholen, weil sie sind nur bis heute zurückgelegt.’ Das ist eine Geschichte, die die Leser dieser Schülerzeitung wahrscheinlich weniger interessiert, aber ich wollt’ das mal sagen. Und dann gibt es in Köln, wo wir öfters sind..."
Arnie: „Wo ich eigentlich regelmäßig berufsmäßig bin, Berthold gar nicht!"
Bert: „Ich bin auch berufsmäßig ab und zu da, weil es da auch so Treffen medienmäßig gibt. Er arbeitet da noch als Moderator, und ich muß da hin aus anderen Gründen ...., weil wichtige Leute sich manchmal in Köln treffen, und ich gehöre dazu."
Bert: „Da waren wir zur Karnevalszeit in den Kaufhäusern und haben auch einiges gefunden.

KAKTUS: „Könnte man Eure Auftritte als eine Art Ausgleich für den „normalen" Moderatorenjob sehen?"
Arnie & Bert: "Ja, es ist ein Gegenpol zum Beruf, als Spaß nebenbei: Beim Radio hast Du kein Publikum, da sitzt Du ganz alleine, bekommst keine Reaktionen und mußt im Prinzip ganz diszipliniert und konzentriert arbeiten. Auf der Bühne ist es ganz anders. Da bekommst Du Kontakt zu den Hörern, die Du sonst nie siehst, kannst einfach Blödsinn machen und für ‘ne Zeit lang vergessen, daß Du ja eigentlich erwachsen bist. Insofern ist das ein schöner Ausgleich."


Quelle (Text und Fotos): Kaktus 13, http://www2.kaktuslmg.de/neu/ausgaben/13/deutsch.html

Für den Inhalt der verlinkten Webseiten übernehmen wir keine Veranwortung. Der aktuelle Inhalt ist uns größtenteils nur teilweise bekannt.